Wirtschaft Regional
14.05.2021

Die gemischte Stiftung

Die gemischte Stiftung in Liechtenstein räumt Stiftern einen breiten Gestaltungsspielraum bei der Planung und langfristigen Ausrichtung von Familienvermögen und Geschäftsvermögen ein. Sie ist ein herausragendes Merkmal des liechtensteinischen Stiftungsstandorts. In seinem Gastkommentar für die liechtensteinische Wochenzeitung www.wirtschaftregional.li erläutert S.D. Prinz Michael von und zu Liechtenstein die Entstehung des liechtensteinischen Stiftungsrechts und die unterschiedlichen Stiftungstypen in Liechtenstein. Erfahren Sie mehr zur gemischten Stiftung und den anderen Stiftungsformen.

Unter der Federführung der beiden Liechtensteiner Wilhelm und Emil Beck wurde das liechtensteinische Stiftungsrecht erstmals 1926 im Rahmen einer Revision des Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR) gesetzlich verankert. In ihrem Bericht, den Wilhelm und Emil Beck dazu 1925 zuhanden der Landtagsabgeordneten verfassten, führten sie aus, dass die Stiftung bis dahin in der liechtensteinischen Gesetzgebung zwar erwähnt und in der Praxis auch angewandt wurde, jedoch als rein wohltätige Institution. Mit der Verankerung im PGR wollten sie das Stiftungswesen um die Familienstiftung erweitern und damit dem,  wie sie es nannten, wirtschaftenden Menschen ein weiteres Rechtsinstrument zur Verfügung stellen.

Seitdem hat sich Liechtenstein zu einem international führenden Stiftungsstandort entwickelt und die liechtensteinische Stiftung wurde in den vergangenen Jahren von anderen Ländern – etwa Österreich, Panama und Jersey – als Vorbild für die Entwicklung eigener Stiftungsgesetze herangezogen. Die Revision des Stiftungsrechts im Jahr 2009 untermauerte zudem Liechtensteins Vorreiterrolle im Stiftungswesen.

Das Grundprinzip der Stiftung beruht auf der hohen Flexibilität bei der Ausgestaltung des Stiftungszwecks, der das Herzstück einer jeden Stiftung bildet. Definiert ist, wozu und zu wessen Gunsten (Begünstigte) ein Stiftungsvermögen langfristig einzusetzen ist. Je nach Stiftungstyp  handelt es sich dabei um privatnützige und/oder gemeinnützige Zwecke. Das liechtensteinische Stiftungsrecht sieht folgende Stiftungstypen vor:

Die reine Familienstiftung bezweckt, ein Familienvermögen langfristig zu erhalten, es vor (Erb-)Streitigkeiten zu sichern, Familienmitglieder in ihrer Ausbildung oder Erziehung und im Lebensunterhalt zu unterstützen, jüngeren Generationen Starthilfe zu geben oder die Alters- und Gesundheitsvorsorge für Familienmitglieder sicherzustellen.

Mit der Stiftung für andere privatnützige Zwecke lassen sich ausserfamiliäre Zwecke erfüllen, die privater Natur sind, wie beispielsweise der Erhalt einer privaten Bibliothek.

Die rein gemeinnützige Stiftung hingegen fokussiert die Förderung von Zwecken, die ausserhalb des familiären oder privaten Kreises liegen. Die gemischte Stiftung wiederum lässt eine Kombination von privat- und gemeinnützigen Zwecken zu und ist in ihren Ausgestaltungsmöglichkeiten eine Besonderheit des heimischen Stiftungsrechts. Dazu nachstehend zwei Beispiele zum besseren Verständnis:

Im ersten Beispiel gründet Frau XY eine gemischte Stiftung und widmet ihr unter anderem ihre Beteiligungen am Familienunternehmen. Die Erträgnisse aus diesen Beteiligungen fliessen ins Stiftungsvermögen. Als mögliche Begünstigte sind Nachkommen von Frau XY vorgesehen. Zusätzlich können aus dem Stiftungsvermögen bei Bedarf aber auch verschiedene gemeinnützige  oder kulturelle Einrichtungen und Projekte unterstützt werden. Langfristig verfolgt diese Stiftung  also einen mehrheitlich privatnützigen und familienbezogenen Zweck und die Nachkommen von Frau XY haben Vorrang. Im unterschiedlichen Ausmass kann sie mitunter aber auch gemeinnützige Zwecke unterstützen.

Das zweite Beispiel handelt von einer gemischten Stiftung, die gemeinnützige Zwecke verfolgt, entsprechende Projekte umsetzt und eventuell  auch gemeinnützige Institutionen unterstützt. Im Wesentlichen aber dient die Stiftung dennoch privatnützigen Zwecken, die familiär sein können.  Das heisst, der Fokus dieser Stiftung liegt hauptsächlich auf der privatnützigen Zweckerfüllung, gleichzeitig aber ist sie auch im gemeinnützigen  Bereich aktiv.

Nun kann es sein, dass in der Zukunft bei gemischten Stiftungen die definierten gemeinnützigen Zwecke aufgrund geänderter Umstände nicht mehr den ursprünglichen Stifterintentionen entsprechen. Sollten die Stifter die Möglichkeit eingeräumt haben, dann können in einem solchen Fall der privatnützige Zweck noch verstärkt oder die gemeinnützige Ausrichtung angepasst werden.

Die gemischte Stiftung räumt Stiftern also einen breiten Gestaltungsspielraum ein. Den Stiftungsorganen gibt sie später die notwendige Flexibilität, um erforderliche Anpassungen vorzunehmen. Die gemischte Stiftung ist ein herausragendes Merkmal des heimischen Stiftungsstandorts, der ein bedeutender Grundpfeiler des Finanzplatzes ist.

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