Wirtschaft Regional
30.10.2020

Begünstigte im Stiftungsrecht

Der liechtensteinische Finanzplatz und die liechtensteinische Stiftung werden von Zeit zu Zeit für spekulative und unsachgemässe Berichte und Stellungnahmen missbraucht. Auffällig ist, wie dabei die Rechte von Begünstigten angezweifelt werden. Jedoch völlig zu Unrecht. Im nachfolgenden Beitrag erläutert S.D. Prinz Michael von und zu Liechtenstein die unterschiedlichen Begünstigungsformen und damit zusammenhängend die Auskunfts- und Informationsrechte. Der Beitrag ist erschienen in der liechtensteinischen Wochenzeitung www.wirtschaftregional.li

Der Finanzplatz und die Stiftung werden von Zeit zu Zeit für spekulative Berichte und unsachgemässe Stellungnahmen missbraucht. Auffällig ist, wie dabei die Rechte von Begünstigten angezweifelt werden, völlig zu Unrecht.

Begünstigung heisst, dass jemand ein Anrecht auf Leistung hat. Diese Leistung kann eine Geld- oder Sachleistung oder ein Nutzungsrecht (bspw. an einem Haus) beinhalten. Zeitpunkt, Ausmass und Voraussetzungen, unter denen jemand in den Genuss einer solchen Leistung kommt, richten sich nach dem Stiftungstyp und Stiftungszweck. Das Stiftungsrecht in Art. 552 des Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR) unterteilt Begünstigte in vier Gruppen: Begünstigungsberechtigte, Ermessensbegünstigte, Anwartschaftsberechtigte und Letztbegünstigte.

Begünstigungsberechtigte bei Familienstiftungen sind Familienmitglieder, die ein klar definiertes Anrecht auf eine Leistung haben und entsprechend ein Auskunfts- und Informationsrecht betreffend ihres Anrechts. Anwartschaftsberechtigte wiederum haben ein Anrecht auf eine Leistung in der Zukunft, welches an eine Bedingung (bspw. Tod der Eltern) oder Frist (bspw. Erreichen eines bestimmten Alters) geknüpft ist, die erfüllt sein muss, damit das Leistungsanrecht rechtsgültig wird. Damit einher geht das Recht, Stiftungsdokumente einzusehen und Auskünfte vonseiten des Stiftungsrates zu erhalten. Letztbegünstigte sind in der Regel Personen, die gemäss Stiftungsdokumenten nach Auflösung einer Stiftung das verbleibende Vermögen erhalten.

Ermessensspielraum

Bei Ermessenbegünstigten handelt es sich um einen Kreis von mehreren Begünstigten oder um sogenannte Begünstigtenkreise (bspw. die Nachkommen von Frau X und die Nachkommen von Herrn Y), die in der Zukunft eine Leistung aus einer Stiftung erhalten können, aber nicht unbedingt müssen. Ermessensbegünstigte haben weder ein effektives noch rechtlich einklagbares Anrecht auf eine Leistung aus der Stiftung. Eine mögliche Begünstigung liegt im Ermessen der Stiftungsorgane. Dieser Sachverhalt stösst in der Praxis oft auf Unverständnis und wird aus einem Unrechtsempfinden heraus gerne als Willkür verunglimpft und in ein schlechtes Licht gerückt. Jedoch müssen sich die Stiftungsorgane an den Vorgaben und Richtlinien orientieren, die in den Stiftungsdokumenten im Hinblick auf Ermessensbegünstigungen festgelegt sind. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet, ein Stiftungsvermögen gemäss dem Stifterwillen, Stiftungszweck und im Interesse aller Begünstigten zu verwalten und zu verwenden. Diesem Prinzip ist auch Folge zu leisten, wenn Stiftungsorgane über eine Leistung an Ermessensbegünstigte entscheiden. Ermessen bedeutet nicht, dass Stiftungsorgane nach freiem Belieben entscheiden können. Im Gegenteil, jede Ermessensentscheidung muss stets auf einem qualifizierten Prozess der Entscheidungsfindung bauen und nachvollziehbar sein. Zudem haben Ermessensbegünstigte Einsichtsrecht in die Stiftungsdokumente.

Denken in Generationen

De facto räumt das liechtensteinische Stiftungsrecht also allen Begünstigten Auskunfts- und Informationsrechte ein, die mit der Revision 2008 zusätzlich gestärkt wurden. Insbesondere bei den Bestimmungen zu den Auskunfts- und Informationsrechten von Ermessensbegünstigten ist das liechtensteinische Stiftungsrecht führend verglichen mit anderen Jurisdiktionen.

Eine Stiftung verfolgt nie einen Selbstzweck. Das Vermögen, das Stifter in Stiftungen einbringen, ist stets an einen langfristig ausgerichteten Zweck gekoppelt, der einen Nutzen stiftet. In den meisten Fällen wollen Stifter ein bestimmtes Vermögen langfristig erhalten, um damit über mehrere Generationen von Familiennachkommen hinweg eine materielle und unternehmerische Grundlage zu schaffen, auf der diese dann aufbauen können. Stiftungsorgane verpflichtet dieser langfristige Anspruch, im Kontakt mit den Begünstigten zu stehen, ihre Bedürfnisse zu verstehen und in Einklang mit dem Stifterwillen und Stiftungszweck zu bringen. Bei einer Stiftung geht es nicht nur darum, Vermögen zu verwalten, sondern insbesondere darum, es für Generationen zu erhalten und damit einen Nutzen zu stiften.

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