«Gouverner, c’est prévoir; et ne rien prévoir, c’est courir à sa perte.» Emile de Girardin, ein französischer Verleger und Politiker, brachte damit auf den Punkt, worum es auch bei einer Vermögens- und Nachfolgeplanung geht: vorausschauend zu handeln, ansonsten man dem Verlust entgegensteuert. Oft leichter gesagt als getan! Denn so sehr ein Generationenwechsel Chancen bietet, birgt er auch Gefahren, wenn nicht strukturiert vorausgeplant wird.
Vermögen zu ordnen und Nachfolgen zu planen, sind meist keine einfachen Unterfangen, weil sich zur ökonomisch-rationalen Betrachtung eine ideell-emotionale gesellt. Diese
Dimension hat oft einen zentraleren Stellenwert, als man denkt. Jeder Generationenwechsel ist risikobehaftet, weil innerfamiliäre Gegebenheiten und eine dürftige Planung zur Bedrohung für das Familienvermögen werden können.
Wann ist «jetzt»?
Die Vermögens- und Nachfolgeplanung ist ein Prozess, der oft mehrere Jahre dauert. Wann der Zeitpunkt ist, ihn zu beginnen, hängt von vielen Faktoren ab. Ein zu frühes Einbinden kann in der Nachfolgegeneration Begehrlichkeiten wecken und die Persönlichkeitsentwicklung in eine falsche Richtung lenken. Bei einem zu späten Beginn kann der Prozess daran scheitern, dass die Kinder schon ihren eigenen Weg gehen, sich in anderen Bereichen etabliert haben und eine Rückkehr schwierig oder langwierig ist. Entscheidend aber ist der Wille des Übergebenden, den Nachfolgeprozess aktiv anstossen zu wollen. Der eigentliche Prozess beginnt in einem selbst.
Materielle Werte sind nicht primär
Die Wurzeln einer Nachfolge werden bereits in der Wiege der Kinder gelegt, über die Vorbildfunktion der Eltern. Durch unsere Eltern lernen wir, was das Leben ausmacht, was es bereithalten kann, wie Sachen zu bewerten sind und was wir mit unseren Fähigkeiten erreichen können. Diese Wahrnehmungen prägen die eigene Sichtweise auf Familie, Vermögen und Unternehmertum. Entsprechend gilt es, im Prozess nicht nur die materiellen Ressourcen zu fokussieren, sondern auch familiäre Werte, Traditionen, Geisteshaltungen und Rollenverständnisse zu erfassen. Sie beeinflussen das Familiensystem unterschwellig und können, wenn nicht thematisiert und berücksichtigt, zu einem späteren Zeitpunkt Familienvermögen und Familienglück gefährden. Vermögen bedeutet Verantwortung.
Verantwortung bedeutet, den Blick nach vorn zu richten. Was soll in Zukunft mit dem Familienvermächtnis geschehen? Was zählt zum Kernvermögen, was zum Restvermögen? Was soll erreicht, was will bezweckt werden? Wie soll die Nachfolgegeneration das Vermögen nutzen? Wer soll die Geschicke des Familienunternehmens übernehmen? Welche Rahmenbedingungen sind zu berücksichtigen? Diese und viele weitere Fragen gilt es zu klären und die Familie und das Vermögen aus einer objektiven, neutralen und zukunftsgerichteten Perspektive zu betrachten.
Unterstützung von aussen?
Für den Übergebenden ist dies mitunter ein mit Unsicherheiten und Zweifeln verbundener Weg. Zur Entwicklung einer zukunftsfähigen Vermögens- und Nachfolgestrategie lohnt es sich, Unterstützung von aussen beizuziehen. Unabhängige Experten verfügen über die notwendigen Fachkompetenzen und Kenntnisse in den unterschiedlichen Disziplinen. Die wohl fast bedeutsamere Funktion aber ist, dass sie zuhören, wegweisende Fragen stellen und in ihrer neutralen Position den Prozess zielgerichtet führen mit der Absicht, Familie, Vermögen und Unternehmen zu einem funktionierenden «Perpetuum mobile» zu vereinen.
Die fünf «essentialia negotii»
In Summe prägen fünf Faktoren das Gelingen einer Vermögens- und Nachfolgeplanung: Erstens die Analyse der Ausgangssituation und möglicher Problembereiche, um die reale Gesamtsituation von Familie, Vermögen und Unternehmen in wirtschaftlicher, finanzieller und persönlicher Hinsicht sichtbar zu machen und die Grundlage für eine realistische, tragbare Vermögens- und Nachfolgestrategie zu schaffen. Zweitens die Wertedefinition, um ein gemeinsames Verständnis für das Familienvermächtnis zu fördern. Die damit verbundene offene Kommunikation in der Familie ermöglicht, einen Orientierungsrahmen für die zukünftige Entwicklung von Familie, Vermögen und Unternehmen zu formen. Drittens die Zweckdefinition für Vermögen und Unternehmen, mit der auch die Diskussionsgrundlage in Bezug auf Beteiligungs- und Führungsnachfolge sowie Governance geschaffen wird. Viertens der Konsens aller Beteiligten, der notwendig ist für die Umsetzbarkeit einer Vermögens- und Nachfolgestrategie und die Handlungsfähigkeit der Familie stärkt. Fünftens die Sicherstellung von Flexibilität, um das Vermögen und Unternehmen an zukünftige Rahmenbedingungen anpassen zu können.
Die Rahmenbedingungen, in die Vermögen eingebettet ist, beeinflussen dessen Fortbestand. Währenddem man auf äussere Rahmenbedingungen oft nur passiv reagieren kann, kann man innere Bedingungen aktiv beeinflussen. Deshalb ist es ratsam, einen Vermögens- und Nachfolgeprozess mit professioneller Begleitung aktiv zu starten und dadurch die Zukunft von Vermögen und Familie zu sichern.
Francis von Seilern-Aspang . Geschäftsführender Verwaltungsrat