Wirtschaft Regional
10.10.2025

Liechtenstein im Sog der Handelspolitik

Handelspolitisch durchlief Europa bereits eine Reihe von Veränderungen. War zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Haltung vieler europäischer Staaten noch stark vom Merkantilismus geprägt, förderte die industrielle Revolution das Verständnis für Freihandel. Wirtschaftliche Schwierigkeiten in der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts befeuerten erneut den Protektionismus, der die damalige Wirtschaftskrise zusätzlich verschärfte.

Gastkommentar von S.D. Prinz Michael von und zu Liechtenstein, erschienen im Wirtschaft Regional

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich das Verständnis durch, dass wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Staaten und globale Prosperität gestärkt werden mussten. Damals sprachen sich die USA für offene Märkte, freien Handel und eine liberale Wirtschaftsordnung aus. Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) legte den Grundstein. Europa verschrieb sich einer liberalen Wirtschaftspolitik und Deregulierung. Die Idee eines europäischen Binnenmarktes nahm immer stärkere Form an.

Mit Anbruch des neuen Millenniums kehrte der Protektionismus zurück. Europa versuchte, sich durch Regulierung zu schützen. China subventionierte chinesische Unternehmen und hemmte ausländische Investitionen. Die USA konterten mit Zöllen. Der Vorwand in Europa war «Konsumentenschutz», in den USA «Arbeitsplätze».

Trumps «Befreiungsschlag»

In der ersten Amtszeit begann Präsident Trump seine «America-First»-Politik, nachdem Europa davor ein Freihandelsabkommen mit den USA ablehnte. Europas Überregulierung spielte eine zentrale Rolle. Zu Beginn der zweiten Amtszeit machte Präsident Trump klar, was er aus Amerika machen will: einen bedeutsamen Industriestandort mit einer Vielzahl an Arbeitsplätzen und einen Staat mit ausgeglichener Handelsbilanz. Er setze den Zollhebel in Bewegung. Die Schweiz wurde besonders hart getroffen und erhielt 39 Prozent. Das Warum ist nicht ganz nachvollziehbar. Die Meinung, der Goldhandel und die Überschüsse der pharmazeutischen Industrie seien die Hauptursache für den hohen Zolltarif, ist nicht zutreffend. Zölle für Pharmazie werden speziell geregelt.

«Für Liechtenstein sind Innovation,
Produktivität und Qualität zentrale Erfolgsfaktoren.»

Der Franken ist seit jeher eine interessante Währung für Investoren. Seine stetige Aufwertung aber ist problematisch für die Schweizer Exportindustrie. Daher ergreift die Schweizerische Nationalbank (SNB) Massnahmen, um den Kurs zu stabilisieren. Die USA sahen darin bislang Währungsmanipulation und kritisierten, Exporte würden «billiger». Dabei ignorieren sie, dass die SNB-Massnahmen weniger eine handelspolitische, denn eine Reaktion auf den internationalen Druck sind. Zugleich sorgte ein weiteres Ereignis für Unmut in der US-Regierung: Zahlreiche Investoren begannen infolge der neuen Labour-Regierung in Grossbritannien ihr Gold von London nach New York zu verlagern. Da New York mit einem anderen Gewicht handelt, muss das Gold erst eingeschmolzen werden – in der Schweiz, wo sich vier der weltweit führenden Goldraffinerien befinden. Die Schweiz muss das Gold importieren, einschmelzen, dem US-Gewicht entsprechend wiederherstellen und es dann in die USA liefern. Die US-Regierung taxiert dies als überhöhten Export, die Schweiz erhielt den überhöhten Zolltarif. Liechtenstein hat 15 Prozent analog zur EU. Liechtensteins Wirtschaft ist eng mit jener der Schweiz vernetzt, weshalb der Schweizer Tarif sich zusätzlich auf uns auswirkt.

Die handelspolitisch stürmischen Zeiten werden wohl andauern. Die Sanktionsthematik Russland verschärft das Ganze. In einem solchen handelspolitischen Umfeld kann sich eine kleine Exportnation behaupten durch Innovationskraft, Qualitätsführerschaft und Produktivitätssteigerung. Strategische Partnerschaften, agile Aussenwirtschaftspolitik und Investition in Zukunftstechnologien stärken die Wettbewerbsfähigkeit zusätzlich. In diesen Zeiten gilt es, flexibel, fokussiert und furchtlos zu agieren, denn die Vergangenheit beweist: Handelspolitik unterliegt einem steten Wandel.

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